dt zu erwerben. So werden, nach altem Herkommen und wenigen Statuten, die Burger und die Nachbarschaft gerichtet. Abt. Das ist wohl gut. Olearius. Aber lange nicht genug. Der Menschen Leben ist kurz, und in einer Generation kommen nicht alle Kasus vor. Eine Sammlung solcher Falle von vielen Jahrhunderten ist unser Gesetzbuch. Und dann ist der Wille und die Meinung der Menschen schwankend; dem deucht heute das recht, was der andere morgen mi?billiget; und so ist Verwirrung und Ungerechtigkeit unvermeidlich. Das alles bestimmen die Gesetze; und die Gesetze sind unveranderlich. Abt. Das ist freilich besser. Olearius. Das erkennt der Pobel nicht, der, so gierig er auf Neuigkeiten ist, das Neue hochst verabscheuet, das ihn aus seinem Gleise leiten will, und wenn er sich noch so sehr dadurch verbessert. Sie halten den Juristen so arg, als einen Verwirrer des Staats, einen Beutelschneider, und sind wie rasend, wenn einer dort sich niederzulassen gedenkt. Liebetraut. Ihr seid von Frankfurt! Ich bin wohl da bekannt. Bei Kaiser Maximilians Kronung haben wir Euern Brautigams was vorgeschmaust. Euer Name ist Olearius? Ich kenne so niemanden. Olearius. Mein Vater hie? Ohlmann. Nur, den Mi?stand auf dem Titel meiner lateinischen Schriften zu vermeiden, nenn ich mich, nach dem Beispiel und auf Anraten wurdiger Rechtslehrer, Olearius. Liebetraut. Ihr tatet wohl, da? Ihr Euch ubersetztet. Ein Prophet gilt nichts in seinem Vaterlande, es hatt' Euch in Eurer Muttersprache auch so gehen konnen. Olearius. Es war nicht darum. Liebetraut. Alle Dinge haben ein paar Ursachen. Abt. Ein Prophet gilt nichts in seinem Vaterlande! Liebetraut. Wi?t Ihr auch warum, hochwurdiger Herr? Abt. Weil er da geboren und erzogen ist. Liebetraut. Wohl! Das mag die eine Ursache sein. Die andere ist: Weil, bei einer naheren Bekanntschaft mit den Herrn, der Nimbus von Ehrwurdigkeit und Heiligkeit wegschwindet, den uns eine neblichte Ferne um sie herumlugt; und dann sind sie ganz kleine Stumpfchen Unschlitt. Olearius. Es scheint, Ihr seid dazu bestellt, Wahrheiten. zu sagen. Liebetraut. Weil ich 's Herz dazu hab, so fehlt mir's nicht am Maul. Olearius. Aber doch an Geschicklichkeit, sie wohl anzubringen. Liebetraut. Schropfkopfe sind wohl angebracht, wo sie ziehen. Olearius. Bader erkennt man an der Schurze und nimmt in ihrem Amte ihnen nichts ubel. Zur Vorsorge tatet Ihr wohl, wenn Ihr eine Schellenkappe trugt. Liebetraut. Wo habt Ihr promoviert? Es ist nur zur Nachfrage, wenn mir einmal der Einfall kame, da? ich gleich vor die rechte Schmiede ginge. Olearius. Ihr seid verwegen. Liebetraut. Und Ihr sehr breit. (Bischof und Abt lachen.) Bischof. Von was anders! - Nicht so hitzig, ihr Herrn. Bei Tisch geht alles drein - Einen andern Diskurs, Liebetraut! Liebetraut. Gegen Frankfurt liegt ein Ding uber, hei?t Sachsenhausen - Olearius (zum Bischof). Was spricht man vom Turkenzug, Ihro Furstliche Gnaden? Bischof. Der Kaiser hat nichts Angelegners, als vorerst das Reich zu beruhigen, die Fehden abzuschaffen und das Ansehn der Gerichte zu befestigen. Dann, sagt man, wird er personlich gegen die Feinde des Reichs und der Christenheit ziehen. Jetzt machen ihm seine Privathandel noch zu tun, und das Reich ist, trotz ein vierzig Landfrieden, noch immer eine Mordergrube. Franken, Schwaben, der Oberrhein und die angrenzenden Lander werden von ubermutigen und kuhnen Rittern verheeret. Sickingen, Selbitz mit einem Fu?, Berlichingen mit der eisernen Hand spotten in diesen Gegenden des kaiserlichen Ansehens - Abt. Ja, wenn Ihro Majestat nicht bald dazu tun, so stecken einen die Kerl am End in Sack. Liebetraut. Das mu?t ein Kerl sein, der das Weinfa? von Fuld in den Sack schieben wollte. Bischof. Besonders ist der letzte seit vielen Jahren mein unversohnlicher Feind, und molestiert mich unsaglich; aber es soll nicht lang mehr wahren, hoff ich. Der Kaiser halt jetzt seinen Hof zu Augsburg. Wir haben unsere Ma?regeln genommen, es kann uns nicht fehlen. - Herr Doktor, kennt Ihr Adelberten von Weislingen? Olearius. Nein, Ihro Eminenz. Bischof. Wenn Ihr die Ankunft dieses Mannes erwartet, werdet Ihr Euch freuen, den edelsten, verstandigsten und angenehmsten Ritter in einer Person zu sehen. Olearius. Es mu? ein vortrefflicher Mann sein, der solche Lobeserhebungen aus solch einem Munde verdient. Liebetraut. Er ist auf keiner Akademie gewesen. Bischof. Das wissen wir. (Die Bedienten laufen ans Fenster.) Was gibt's? Ein Bedienter. Eben reit Farber, Weislingens Knecht, zum Schlo?tor herein. Bischof. Seht, was er bringt, er wird ihn melden. (Liebetraut geht. Sie stehn auf und trinken noch eins. - Liebetraut kommt zuruck.) Bischof. Was fur Nachrichten? Liebetraut. Ich wollt, es mu?t sie Euch ein andrer sagen. Weislingen ist gefangen. Bischof. Oh! Liebetraut. Berlichingen hat ihn und drei Knechte bei Haslach weggenommen. Einer ist entronnen, Euch's anzusagen. Abt. Eine Hiobspost. Olearius. Es tut mir von Herzen leid. Bischof. Ich will den Knecht sehn, bringt ihn herauf - Ich will ihn selbst sprechen. Bringt ihn in mein Kabinett. (Ab.) Abt (setzt sich). Noch einen Schluck. (Die Knechte schenken ein.) Olearius. Belieben Ihro Hochwurden nicht eine kleine Promenade in den Garten zu machen? Post coenam stabis seu passus mille meabis. Liebetraut. Wahrhaftig, das Sitzen ist Ihnen nicht gesund. Sie kriegen. noch einen Schlagflu?. Abt (hebt sich auf). Liebetraut (vor sich). Wann ich ihn nur drau?en hab, will ich ihm furs Exerzitium sorgen. (Gehn ab.) Jagsthausen Maria. Weislingen. Maria. Ihr liebt mich, sagt Ihr. Ich glaub es gerne und hoffe, mit Euch glucklich zu sein und Euch glucklich zu machen. Weislingen. Ich fuhle nichts, als nur da? ich ganz dein bin. (Er umarmt sie.) Maria. Ich bitte Euch, la?t mich. Einen Ku? hab ich Euch zum Gottespfennig erlaubt; Ihr scheint aber schon von dem Besitz nehmen zu wollen, was nur unter Bedingungen Euer ist. Weislingen. Ihr seid zu streng, Maria! Unschuldige Liebe erfreut die Gottheit, statt sie zu beleidigen. Maria. Es sei! Aber ich bin nicht dadurch erbaut. Man lehrte mich: Liebkosungen sein wie Ketten, stark durch ihre Verwandtschaft, und Madchen, wenn sie liebten, sein schwacher als Simson nach Verlust seiner Locken. Weislingen. Wer lehrte Euch das? Maria. Die Abtissin meines Klosters. Bis in mein sechzehntes Jahr war ich bei ihr, und nur mit Euch empfind ich das Gluck, das ich in ihrem Umgang geno?. Sie hatte geliebt und durfte reden. Sie hatte ein Herz voll Empfindung! Sie war eine vortreffliche Frau. Weislingen. Da glich sie dir! (Er nimmt ihre Hand.) Wie wird mir's werden, wenn ich Euch verlassen soll! Maria (zieht ihre Hand zuruck). Ein bi?chen eng, hoff ich, denn ich wei?, wie's mir sein wird. Aber Ihr sollt fort. Weislingen. Ja, meine Teuerste, und ich will. Denn ich fuhle, welche Seligkeiten ich mir durch dies Opfer erwerbe. Gesegnet sei dein Bruder, und der Tag, an dem er auszog, mich zu fangen! Maria. Sein Herz war voll Hoffnung fur ihn und dich. >Lebt wohl!< sagt' er beim Abschied, >ich will sehen, da? ich ihn wiederfinde.< Weislingen. Er hat's. Wie wunscht ich, die Verwaltung meiner Guter und ihre Sicherheit nicht durch das leidige Hofleben so versaumt zu haben! Du konntest gleich die Meinige sein. Maria. Auch der Aufschub hat seine Freuden. Weislingen. Sage das nicht, Maria, ich mu? sonst furchten, du empfindest weniger stark als ich. Doch ich bu?e verdient; und welche Hoffnungen werden mich auf jedem Schritt begleiten! Ganz der Deine zu sein, nur in dir und dem Kreise von Guten zu leben, von der Welt entfernt, getrennt, alle Wonne zu genie?en, die so zwei Herzen, einander gewahren! Was ist die Gnade des Fursten, was der Beifall der Welt gegen diese einfache Gluckseligkeit? Ich habe viel gehofft und gewunscht, das widerfahrt mir uber alles Hoffen und Wunschen. (Gotz kommt.) Gotz. Euer Knab ist wieder da. Er konnte vor Mudigkeit und Hunger kaum etwas vorbringen. Meine Frau gibt ihm zu essen. So viel hab ich verstanden: der Bischof will den Knaben nicht herausgeben, es sollen Kaiserliche Kommissarien ernannt und ein Tag ausgesetzt werden, wo die Sache dann verglichen werden mag. Dem sei, wie ihm wolle, Adelbert, Ihr seid frei; ich verlange weiter nichts als Eure Hand, da? Ihr ins kunftige meinen Feinden weder offentlich noch heimlich Vorschub tun wollt. Weislingen. Hier fa? ich Eure Hand. La?t, von diesem Augenblick an, Freundschaft und Vertrauen, gleich einem ewigen Gesetz der Natur, unveranderlich unter uns sein! Erlaubt mir zugleich, diese Hand zu fassen (er nimmt Mariens Hand) und den Besitz des edelsten Frauleins. Gotz. Darf ich ja fur Euch sagen? Maria. Wenn Ihr es mit mir sagt. Gotz. Es ist ein Gluck, da? unsere Vorteile diesmal miteinander gehn. Du brauchst nicht rot zu werden. Deine Blicke sind Beweis genug. Ja denn, Weislingen! Gebt Euch die Hande, und so sprech ich Amen! - Mein Freund und Bruder! - Ich danke dir, Schwester! Du kannst mehr als Hanf spinnen. Du hast einen Faden gedreht, diesen Paradiesvogel zu fesseln. Du siehst nicht ganz frei, Adelbert! Was fehlt dir? Ich - bin ganz glucklich; was ich nur traumend hoffte, seh ich, und bin wie traumend. Ach! nun ist mein Traum aus. Mir war's heute nacht, ich gab dir meine rechte eiserne Hand, und du hieltest mich so fest, da? sie aus den Armschienen ging wie abgebrochen. Ich erschrak und wachte druber auf. Ich hatte nur forttraumen sollen, da wurd ich gesehen haben, wie du mir eine neue lebendige Hand ansetztest - Du sollst mir jetzo fort, dein Schlo? und deine Guter in vollkommenen Stand zu setzen. Der verdammte Hof hat dich beides versaumen machen. Ich mu? meiner Frau rufen. Elisabeth! Maria. Mein Bruder ist in voller Freude. Weislingen. Und doch darf ich ihm den Rang streitig machen. Gotz. Du wirst anmutig wohnen. Maria. Franken ist ein gesegnetes Land. Weislingen. Und ich darf wohl sagen, mein Schlo? liegt in der gesegnetsten und anmutigsten Gegend. Gotz. Das durft Ihr, und ich will's behaupten. Hier flie?t der Main, und allmahlich hebt der Berg an, der, mit Ackern und Weinbergen bekleidet, von Euerm Schlo? gekront wird, dann biegt sich der Flu? schnell um die Ecke hinter dem Felsen Eures Schlosses hin. Die Fenster des gro?en Saals gehen steil herab aufs Wasser, eine Aussicht viel Stunden weit. (Elisabeth kommt.) Elisabeth. Was schafft ihr? Gotz. Du sollst deine Hand auch dazu geben und sagen: >Gott segne euch!< Sie sind ein Paar. Elisabeth. So geschwind! Gotz. Aber nicht unvermutet. Elisabeth. Moget Ihr Euch so immer nach ihr sehnen als bisher, da ihr um sie warbt! Und dann! Mochtet Ihr so glucklich sein, als Ihr sie lieb behaltet! Weislingen. Amen! Ich begehre kein Gluck als unter diesem Titel. Gotz. Der Brautigam, meine liebe Frau, tut eine kleine Reise; denn die gro?e Veranderung zieht viel geringe nach sich. Er entfernt sich zuerst vom Bischoflichen Hof, um diese Freundschaft nach und nach erkalten zu lassen. Dann rei?t er seine Guter eigennutzigen Pachtern aus den Handen. Und - kommt, Schwester, komm, Elisabeth! Wir wollen ihn allein lassen. Sein Knab hat ohne Zweifel geheime Auftrage an ihn. Weislingen. Nichts, als was Ihr wissen durft. Gotz. Braucht's nicht. - Franken und Schwaben! Ihr seid nun verschwisterter als jemals. Wie wollen wir den Fursten den Daumen auf dem Aug halten! (Die drei gehn.) Weislingen. Gott im Himmel! Konntest du mir Unwurdigem solch eine Seligkeit bereiten? Es ist zu viel fur mein Herz. Wie ich von den elenden Menschen abhing, die ich zu beherrschen glaubte, von den Blicken des Fursten, von dem ehrerbietigen Beifall umher! Gotz, teurer Gotz, du hast mich mir selbst wiedergegeben, und, Maria, du vollendest meine Sinnesanderung. Ich fuhle mich so frei wie in heiterer Luft. Bamberg will ich nicht mehr sehen, will all die schandlichen Verbindungen durchschneiden, die mich unter mir selbst hielten. Mein Herz erweitert sich, hier ist kein beschwerliches Streben nach versagter Gro?e. So gewi? ist der allein glucklich und gro?, der weder zu herrschen noch zu gehorchen braucht, um etwas zu sein! (Franz tritt auf.) Franz. Gott gru? Euch, gestrenger Herr! Ich bring Euch so viel Gru?e, da? ich nicht wei?, wo anzufangen. Bamberg und zehn Meilen in die Runde entbieten Euch ein tausendfaches: Gott gru? Euch! Weislingen. Willkommen, Franz! Was bringst du mehr? Franz. Ihr steht in einem Andenken bei Hof und uberall, da? es nicht zu sagen. ist. Weislingen. Das wird nicht lange dauern. Franz. So lang Ihr lebt! und nach Eurem Tod wird's heller blinken als die messingenen Buchstaben auf einem Grabstein. Wie man sich Euern Unfall zu Herzen nahm! Weislingen. Was sagte der Bischof? Franz. Er war so begierig zu wissen, da? er mit geschaftiger Geschwindigkeit der Fragen meine Antwort verhinderte. Er wu?t es zwar schon; denn Farber, der von Haslach entrann, brachte ihm die Botschaft. Aber er wollte alles wissen. Er fragte so angstlich, ob Ihr nicht versehrt waret? Ich sagte: >Er ist ganz, von der au?ersten Haarspitze bis zum Nagel des kleinen Zehs.< Weislingen. Was sagte er zu den Vorschlagen? Franz. Er wollte gleich alles herausgeben, den Knaben und noch Geld darauf, nur Euch zu befreien. Da er aber horte, Ihr solltet ohne das loskommen und nur Euer Wort das Aquivalent gegen den. Buben sein, da wollte er absolut den Berlichingen vertagt haben. Er sagte mir hundert Sachen an Euch - ich hab sie wieder vergessen. Es war eine lange Predigt uber die Worte: >Ich kann Weislingen nicht entbehren.< Weislingen. Er wird's lernen mussen! Franz. Wie meint Ihr? Er sagte: >Mach ihn eilen, es wartet alles auf ihn.< Weislingen. Es kann warten. Ich gehe nicht nach Hof. Franz. Nicht nach Hof? Herr! Wie kommt Euch das? Wenn Ihr wu?tet, was ich wei?. Wenn Ihr nur traumen konntet, was ich gesehen habe. Weislingen. Wie wird dir's? Franz. Nur von der blo?en Erinnerung komm ich au?er mir. Bamberg ist nicht mehr Bamberg, ein Engel in Weibesgestalt macht es zum Vorhofe des Himmels. Weislingen. Nichts weiter? Franz. Ich will ein Pfaff werden, wenn Ihr sie sehet und nicht au?er Euch kommt. Weislingen. Wer ist's denn? Franz. Adelheid von Walldorf. Weislingen. Die! Ich habe viel von ihrer Schonheit gehort. Franz. Gehort? Das ist eben, als wenn Ihr sagtet: >Ich hab die Musik gesehen.< Es ist der Zunge so wenig moglich, eine Linie ihrer Vollkommenheiten auszudrucken, da das Aug sogar in ihrer Gegenwart sich nicht selbst genug ist. Weislingen. Du bist nicht gescheit. Franz. Das kann wohl sein. Das letztemal, da ich sie sahe, hatte ich nicht mehr Sinne als ein Trunkener. Oder vielmehr, kann ich sagen, ich fuhlte in dem Augenblick, wie's den Heiligen bei himmlischen Erscheinungen sein mag. Alle Sinne starker, hoher, vollkommener, und doch den Gebrauch von keinem. Weislingen. Das ist seltsam. Franz. Wie ich von dem Bischof Abschied nahm, sa? sie bei ihm. Sie spielten Schach. Er war sehr gnadig, reichte mir seine Hand zu kussen, und sagte mir vieles, davon ich nichts vernahm. Denn ich sah seine Nachbarin, sie hatte ihr Auge aufs Brett geheftet, als wenn sie einem gro?en Streich nachsanne. Ein feiner lauernder Zug um Mund und Wange! Ich hatt' der elfenbeinerne Konig sein mogen. Adel und Freundlichkeit herrschten auf ihrer Stirn. Und das blendende Licht des Angesichts und des Busens, wie es von den finstern Haaren erhoben ward! Weislingen. Du bist druber gar zum Dichter geworden. Franz. So fuhl ich denn in dem Augenblick, was den Dichter macht, ein volles, ganz von einer Empfindung volles Herz! Wie der Bischof endigte und ich mich neigte, sah sie mich an und sagte: >Auch von mir einen Gru? unbekannterweise! Sag ihm, er mag ja bald kommen. Es warten neue Freunde auf ihn; er soll sie nicht verachten, wenn er schon an alten so reich ist.< - Ich wollte was antworten, aber der Pa? vom Herzen nach der Zunge war versperrt, ich neigte mich. Ich hatte mein Vermogen gegeben, die Spitze ihres kleinen Fingers kussen zu durfen! Wie ich so stund, warf der Bischof einen Bauern herunter, ich fuhr darnach und ruhrte im Aufheben den Saum ihres Kleides, das fuhr mir durch alle Glieder, und ich wei? nicht, wie ich zur Tur hinausgekommen bin. Weislingen. Ist ihr Mann bei Hofe? Franz. Sie ist schon vier Monat Witwe. Um sich zu zerstreuen, halt sie sich in Bamberg auf. Ihr werdet sie sehen. Wenn sie einen ansieht, ist's, als wenn man in der Fruhlingssonne stunde. Weislingen. Es wurde eine schwachere Wirkung auf mich haben. Franz. Ich hore, Ihr seid so gut als verheiratet. Weislingen. Wollte, ich war's. Meine sanfte Marie wird das Gluck meines Lebens machen. Ihre su?e Seele bildet sich in ihren blauen Augen. Und wei? wie ein Engel des Himmels, gebildet aus Unschuld und Liebe, leitet sie mein Herz zur Ruhe und Gluckseligkeit. Pack zusammen! und dann auf mein Schlo?! Ich will Bamberg nicht sehen, und wenn Sankt Veit in Person meiner begehrte. (Geht ab.) Franz. Da sei Gott vor! Wollen das Beste hoffen! Maria ist liebreich und schon, und einem Gefangenen und Kranken kann ich's nicht ubelnehmen, der sich in sie verliebt. In ihren Augen ist Trost, gesellschaftliche Melancholie. - Aber um dich, Adelheid, ist Leben, Feuer, Mut - Ich wurde! - Ich bin ein Narr - dazu machte mich ein Blick von ihr. Mein Herr mu? hin! Ich mu? hin! Und da will ich mich wieder gescheit oder vollig rasend gaffen. Zweiter Akt Bamberg. Ein Saal Bischof, Adelheid spielen Schach. Liebetraut mit einer Zither. Frauen, Hofleute um ihn herum am Kamin. Liebetraut (spielt und singt). Mit Pfeilen und Bogen Cupido geflogen, Die Fackel in Brand, Wollt mutilich kriegen Und mannilich siegen Mit sturmender Hand. Auf! Auf! An! An! Die Waffen erklirrten, Die Flugelein schwirrten, Die Augen entbrannt. Da fand er die Busen Ach leider so blo?, Sie nahmen so willig Ihn all auf den Scho?. Er schuttet' die Pfeile Zum Feuer hinein, Sie herzten und druckten Und wiegten ihn ein. Hei ei o! Popeio! Adelheid. Ihr seid nicht bei Eurem Spiele. Schach dem Konig! Bischof. Es ist noch Auskunft. Adelheid. Lange werdet Ihr's nicht mehr treiben. Schach dem Konig! Liebetraut. Dies Spiel spielt ich nicht, wenn ich ein gro?er Herr war, und verbot's am Hofe und im ganzen Land. Adelheid. Es ist wahr, dies Spiel ist ein Probierstein des Gehirns. Liebetraut. Nicht darum! Ich wollte lieber das Geheul der Totenglocke und ominoser Vogel, lieber das Gebell des knurrischen Hofhunds Gewissen, lieber wollt ich sie durch den tiefsten Schlaf horen, als von Laufern, Springern und andern Bestien das ewige: >Schach dem Konig!< Bischof. Wem wird auch das einfallen! Liebetraut. Einem zum Exempel, der schwach ware und ein stark Gewissen hatte, wie denn das meistenteils beisammen ist. Sie nennen's ein koniglich Spiel und sagen, es sei fur einen Konig erfunden worden, der den Erfinder mit einem Meer von Uberflu? belohnt habe. Wenn das wahr ist, so ist mir's, als wenn ich ihn sahe. Er war minorenn an Verstand oder an Jahren, unter der Vormundschaft seiner Mutter oder seiner Frau, hatte Milchhaare im Bart und Flachshaare um die Schlafe, er war so gefallig wie ein Weidenscho?ling und spielte gern Dame und mit den Damen, nicht aus Leidenschaft, behute Gott! nur zum Zeitvertreib. Sein Hofmeister, zu tatig, um ein Gelehrter, zu unlenksam, ein Weltmann zu sein, erfand das Spiel in usum Delphini, das so homogen mit Seiner Majestat war - und so ferner. Adelheid. Matt! Ihr solltet die Lucken unsrer Geschichtsbucher ausfullen, Liebetraut. (Sie stehen auf.) Liebetraut. Die Lucken unsrer Geschlechtsregister, das ware profitabler. Seitdem die Verdienste unserer Vorfahren mit ihren Portrats zu einerlei Gebrauch dienen, die leeren Seiten namlich unsrer Zimmer und unsers Charakters zu tapezieren; da ware was zu verdienen. Bischof. Er will nicht kommen, sagtet Ihr! Adelheid. Ich bitt Euch, schlagt's Euch aus dem Sinn. Bischof. Was das sein mag? Liebetraut. Was? Die Ursachen lassen sich herunterbeten wie ein Rosenkranz. Er ist in eine Art von Zerknirschung gefallen, von der ich ihn leicht kurieren wollt. Bischof. Tut das, reitet zu ihm. Liebetraut. Meinen Auftrag! Bischof. Er soll unumschrankt sein. Spare nichts, wenn du ihn zuruckbringst. Liebetraut. Darf ich Euch auch hineinmischen, gnadige Frau? Adelheid. Mit Bescheidenheit. Liebetraut. Das ist eine weitlaufige Kommission. Adelheid. Kennt Ihr mich so wenig, oder seid Ihr so jung, um nicht zu wissen, in welchem Ton Ihr mit Weislingen von mir zu reden habt? Liebetraut. Im Ton einer Wachtelpfeife, denk ich. Adelheid. Ihr werdet nie gescheit werden! Liebetraut. Wird man das, gnadige Frau? Bischof. Geht, geht. Nehmt das beste Pferd aus meinem Stall, wahlt Euch Knechte, und schafft mir ihn her! Liebetraut. Wenn ich ihn nicht herbanne, so sagt: ein altes Weib, das Warzen und Sommerflecken vertreibt, verstehe mehr von der Sympathie als ich. Bischof. Was wird das helfen! Berlichingen hat ihn ganz eingenommen. Wenn er herkommt, wird er wieder fort wollen. Liebetraut. Wollen, das ist keine Frage, aber ob er kann. Der Handedruck eines Fursten, und das Lacheln einer schonen Frau! Da rei?t sich kein Weisling los. Ich eile und empfehle mich zu Gnaden. Bischof. Reist wohl. Adelheid. Adieu. (Er geht.) Bischof. Wenn er einmal hier ist, verla? ich mich auf Euch. Adelheid. Wollt Ihr mich zur Leimstange brauchen? Bischof. Nicht doch. Adelheid. Zum Lockvogel denn? Bischof. Nein, den spielt Liebetraut. Ich bitt Euch, versagt mir nicht, was mir sonst niemand gewahren kann. Adelheid. Wollen sehn. Jagsthausen Hans von Selbitz. Gotz. Selbitz. Jedermann wird Euch loben, da? Ihr denen von Nurnberg Fehd angekundigt habt. Gotz. Es hatte mir das Herz abgefressen, wenn ich's ihnen hatte lang schuldig bleiben sollen. Es ist am Tag, sie haben den Bambergern meinen Buben verraten. Sie sollen an mich denken! Selbitz. Sie haben einen alten Groll gegen Euch. Gotz. Und ich wider sie; mir ist gar recht, da? sie angefangen haben. Selbitz. Die Reichsstadte und Pfaffen halten doch von jeher zusammen. Gotz. Sie haben's Ursach. Selbitz. Wir wollen ihnen die Holle hei? machen. Gotz. Ich zahlte auf Euch. Wollte Gott, der Burgemeister von Nurnberg, mit der guldenen Kett um den Hals, kam uns in Wurf, er sollt sich mit all seinem Witz verwundern. Selbitz. Ich hore, Weislingen ist wieder auf Eurer Seite. Tritt er zu uns? Gotz. Noch nicht; es hat seine Ursachen, warum er uns noch nicht offentlich Vorschub tun darf; doch ist's eine Weile genug, da? er nicht wider uns ist. Der Pfaff ist ohne ihn, was das Me?gewand ohne den Pfaffen. Selbitz. Wann ziehen wir aus? Gotz. Morgen oder ubermorgen. Es kommen nun bald Kaufleute von Bamberg und Nurnberg aus der Frankfurter Messe. Wir werden einen guten Fang tun. Selbitz. Will's Gott. (Ab.) Bamberg. Zimmer der Adelheid Adelheid. Kammerfraulein. Adelheid. Er ist da! sagst du. Ich glaub es kaum. Fraulein. Wenn ich ihn nicht selbst gesehn hatte, wurd ich sagen, ich zweifle. Adelheid. Den Liebetraut mag der Bischof in Gold einfassen: er hat ein Meisterstuck gemacht. Fraulein. Ich sah ihn, wie er zum Schlo? hereinreiten wollte, er sa? auf einem Schimmel. Das Pferd scheute, wie's an die Brucke kam, und wollte nicht von der Stelle. Das Volk war aus allen Stra?en gelaufen, ihn zu sehn. Sie freuten sich uber des Pferds Unart. Von allen Seiten ward er gegru?t, und er dankte allen. Mit einer angenehmen Gleichgultigkeit sa? er droben, und mit Schmeicheln und Drohen bracht er es endlich zum Tor herein, der Liebetraut mit, und wenig Knechte. Adelheid. Wie gefallt er dir? Fraulein. Wie mir nicht leicht ein Mann gefallen hat. Er glich dem Kaiser hier (deutet auf Maximilians Portrat), als wenn er sein Sohn ware. Die Nase nur etwas kleiner, ebenso freundliche lichtbraune Augen, ebenso ein blondes schones Haar, und gewachsen wie eine Puppe. Ein halb trauriger Zug auf seinem Gesicht - ich wei? nicht - gefiel mir so wohl! Adelheid. Ich bin neugierig, ihn zu sehen. Fraulein. Das war ein Herr fur Euch. Adelheid. Narrin! Fraulein. Kinder und Narren - (Liebetraut kommt.) Liebetraut. Nun, gnadige Frau, was verdien ich? Adelheid. Horner von deinem Weibe. Denn nach dem zu rechnen, habt Ihr schon manches Nachbars ehrliches Hausweib aus ihrer Pflicht hinausgeschwatzt. Liebetraut. Nicht doch, gnadige Frau! Auf ihre Pflicht, wollt Ihr sagen; denn wenn's ja geschah, schwatzt ich sie auf ihres Mannes Bette. Adelheid. Wie habt Ihr's gemacht, ihn herzubringen? Liebetraut. Ihr wi?t zu gut, wie man Schnepfen fangt; soll ich Euch meine Kunststuckchen noch dazu lehren? - Erst tat ich, als wu?t ich nichts, verstund nichts von seiner Auffuhrung, und setzt ihn dadurch in den Nachteil, die ganze Historie zu erzahlen. Die sah ich nun gleich von einer ganz andern Seite an als er, konnte nicht finden - nicht einsehen - und so weiter. Dann redete ich von Bamberg allerlei durcheinander, Gro?es und Kleines, erweckte gewisse alte Erinnerungen, und wie ich seine Einbildungskraft beschaftigt hatte, knupfte ich wirklich eine Menge Fadchen wieder an, die ich zerrissen fand. Er wu?te nicht, wie ihm geschah, fuhlte einen neuen Zug nach Bamberg, er wollte - ohne zu wollen. Wie er nun in sein Herz ging und das zu entwickeln suchte, und viel zu sehr mit sich beschaftigt war, um auf sich achtzugeben, warf ich ihm ein Seil um den Hals, aus drei machtigen Stricken, Weiber-, Furstengunst und Schmeichelei, gedreht, und so hab ich ihn hergeschleppt. Adelheid. Was sagtet Ihr von mir? Liebetraut. Die lautre Wahrheit. Ihr hattet wegen Eurer Guter Verdrie?lichkeiten - hattet gehofft, da er beim Kaiser so viel gelte, werde er das leicht enden konnen. Adelheid. Wohl. Liebetraut. Der Bischof wird ihn Euch bringen. Adelheid. Ich erwarte sie. (Liebetraut ab.) Mit einem Herzen, wie ich selten Besuch erwarte. Im Spessart Berlichingen. Selbitz. Georg als Reitersknecht. Gotz. Du hast ihn nicht angetroffen, Georg! Georg. Er war tags vorher mit Liebetraut nach Bamberg geritten und zwei Knechte mit. Gotz. Ich seh nicht ein, was das geben soll. Selbitz. Ich wohl. Eure Versohnung war ein wenig zu schnell, als da? sie dauerhaft hatte sein sollen. Der Liebetraut ist ein pfiffiger Kerl; von dem hat er sich beschwatzen lassen. Gotz. Glaubst du, da? er bundbruchig werden wird? Selbitz. Der erste Schritt ist getan. Gotz. Ich glaub's nicht. Wer wei?, wie notig es war, an Hof zu gehen; man ist ihm noch schuldig; wir wollen das Beste hoffen. Selbitz. Wollte Gott, er verdient' es und tate das Beste! Gotz. Mir fallt eine List ein. Wir wollen Georgen des Bamberger Reiters erbeuteten Kittel anziehen und ihm das Geleitzeichen geben; er mag nach Bamberg reiten und sehen, wie's steht. Georg. Da hab ich lange drauf gehofft. Gotz. Es ist dein erster Ritt. Sei vorsichtig, Knabe! Mir ware leid, wenn dir ein Unfall begegnen sollt. Georg. La?t nur, mich irrt's nicht, wenn noch so viel um mich herumkrabbeln, mir ist's, als wenn's Ratten und Mause waren. (Ab.) Bamberg Bischof. Du willst dich nicht langer halten lassen! Weislingen. Ihr werdet nicht verlangen, da? ich meinen Eid brechen soll. Bischof. Ich hatte verlangen konnen, du solltest ihn nicht schworen. Was fur ein Geist regierte dich? Konnt ich dich ohne das nicht befreien? Gelt ich so wenig am Kaiserlichen Hofe? Weislingen. Es ist geschehen; verzeiht mir, wenn Ihr konnt. Bischof. Ich begreif nicht, was nur im geringsten dich notigte, den Schritt zu tun! Mir zu entsagen? Waren denn nicht hundert andere Bedingungen, loszukommen? Haben wir nicht seinen Buben? Hatt ich nicht Gelds genug gegeben und ihn wieder beruhigt? Unsere Anschlage auf ihn und seine Gesellen waren fortgegangen - Ach ich denke nicht, da? ich mit seinem Freunde rede, der nun wider mich arbeitet und die Minen leicht entkraften kann, die er selbst gegraben hat. Weislingen. Gnadiger Herr! Bischof. Und doch - wenn ich wieder dein Angesicht sehe, deine Stimme hore. Es ist nicht moglich, nicht moglich. Weislingen. Lebt wohl, gnadiger Herr. Bischof. Ich gebe dir meinen Segen. Sonst, wenn du gingst, sagt ich: >Auf Wiedersehn!< Jetzt - Wollte Gott, wir sahen einander nie wieder! Weislingen. Es kann sich vieles andern. Bischof. Vielleicht seh ich dich noch einmal, als Feind vor meinen Mauern, die Felder verheeren, die ihren bluhenden Zustand dir jetzo danken. Weislingen. Nein, gnadiger Herr. Bischof. Du kannst nicht nein sagen. Die weltlichen Stande, meine Nachbarn, haben alle einen Zahn auf mich. Solang ich dich hatte - Geht, Weislingen! Ich habe Euch nichts mehr zu sagen. Ihr habt vieles zunichte gemacht. Geht! Weislingen. Und ich wei? nicht, was ich sagen soll. (Bischof ab. - Franz tritt auf.) Franz. Adelheid erwartet Euch. Sie ist nicht wohl. Und doch will sie Euch ohne Abschied nicht lassen. Weislingen. Komm. Franz. Gehn wir denn gewi?? Weislingen. Noch diesen Abend. - Franz. Mir ist, als wenn ich aus der Welt sollte. Weislingen. Mir auch, und noch darzu, als wu?t ich nicht wohin. Adelheidens Zimmer Adelheid. Fraulein. Fraulein. Ihr seht bla?, gnadige Frau. Adelheid. - Ich lieb ihn nicht, und wollte doch, da? er bliebe. Siehst du, ich konnte mit ihm leben, ob ich ihn gleich nicht zum Manne haben mochte. Fraulein. Glaubt Ihr, er geht? Adelheid. Er ist zum Bischof, um Lebewohl zu sagen. Fraulein. Er hat darnach noch einen schweren Stand. Adelheid. Wie meinst du? Fraulein. Was fragt Ihr, gnadige Frau? Ihr habt sein Herz geangelt, und wenn er sich losrei?en will, verblutet er. (Adelheid. Weislingen.) Weislingen. Ihr seid nicht wohl, gnadige Frau? Adelheid. Das kann Euch einerlei sein. Ihr verla?t uns, verla?t uns auf immer. Was fragt Ihr, ob wir leben oder sterben. Weislingen. Ihr verkennt mich. Adelheid. Ich nehme Euch, wie Ihr Euch gebt. Weislingen. Das Ansehn trugt. Adelheid. So seid Ihr ein Chamaleon? Weislingen. Wenn Ihr mein Herz sehen konntet! Adelheid. Schone Sachen wurden mir vor die Augen kommen. Weislingen. Gewi?! Ihr wurdet Euer Bild drin finden. Adelheid. In irgendeinem Winkel bei den Portraten ausgestorbener Familien. Ich bitt Euch, Weislingen, bedenkt, Ihr redet mit mir. Falsche Worte gelten zum hochsten, wenn sie Masken unserer Taten sind. Ein Vermummter, der kenntlich ist, spielt eine armselige Rolle. Ihr leugnet Eure Handlungen nicht und redet das Gegenteil; was soll man von Euch halten? Weislingen. Was Ihr wollt. Ich bin so geplagt mit dem, was ich bin, da? mir wenig bang ist, fur was man mich nehmen mag. Adelheid. Ihr kommt, um Abschied zu nehmen. Weislingen. Erlaubt mir, Eure Hand zu kussen, und ich will sagen. Lebt wohl. Ihr erinnert mich! Ich bedachte nicht - Ich bin beschwerlich, gnadige Frau. Adelheid. Ihr legt's falsch aus: ich wollte Euch forthelfen; denn Ihr wollt fort. Weislingen. O sagt: ich mu?. Zoge mich nicht die Ritterpflicht, der heilige Handschlag - Adelheid. Geht! Geht! Erzahlt das Madchen, die den >Theuerdank< lesen und sich so einen Mann wunschen. Ritterpflicht! Kinderspiel! Weislingen. Ihr denkt nicht so. Adelheid. Bei meinem Eid, Ihr verstellt Euch! Was habt Ihr versprochen? Und wem? Einem Mann, der seine Pflicht gegen den Kaiser und das Reich verkennt, in eben dem Augenblick Pflicht zu leisten, da er durch Eure Gefangennehmung in die Strafe der Acht verfallt. Pflicht zu leisten! die nicht gultiger sein kann als ungerechter gezwungener Eid. Entbinden nicht unsere Gesetze von solchen Schwuren? Macht das Kindern weis, die den Rubezahl glauben. Es stecken andere Sachen dahinter. Ein Feind des Reichs zu werden, ein Feind der burgerlichen Ruh und Gluckseligkeit! Ein Feind des Kaisers! Geselle eines Raubers! du, Weislingen, mit deiner sanften Seele! Weislingen. Wenn Ihr ihn kenntet - Adelheid. Ich wollt ihm Gerechtigkeit widerfahren lassen. Er hat eine hohe unbandige Seele. Eben darum wehe dir, Weislingen! Geh und bilde dir ein, Geselle von ihm zu sein. Geh! und la? dich beherrschen. Du bist freundlich, gefallig - Weislingen. Er ist's auch. Adelheid. Aber du bist nachgebend und er nicht! Unversehens wird er dich wegrei?en, du wirst ein Sklave eines Edelmanns werden, da du Herr von Fursten sein konntest. - Doch es ist Unbarmherzigkeit, dir deinen zukunftigen Stand zu verleiden. Weislingen. Hattest du gefuhlt, wie liebreich er mir begegnete. Adelheid. Liebreich! Das rechnest du ihm an? Es war seine Schuldigkeit; und was hattest du verloren, wenn er widerwartig gewesen ware? Mir hatte das willkommner sein sollen. Ein ubermutiger Mensch wie der - Weislingen. Ihr redet von Euerm Feind. Adelheid. Ich redete fur Eure Freiheit - Und wei? uberhaupt nicht, was ich vor einen Anteil dran nehme. Lebt wohl. Weislingen. Erlaubt noch einen Augenblick. (Er nimmt ihre Hand und schweigt.) Adelheid. Habt Ihr mir noch was zu sagen? Weislingen. - - Ich mu? fort. Adelheid. So geht. Weislingen. Gnadige Frau! - Ich kann nicht. Adelheid. Ihr mu?t. Weislingen. Soll das Euer letzter Blick sein? Adelheid. Geht, ich bin krank, sehr zur ungelegnen Zeit. Weislingen. Seht mich nicht so an. Adelheid. Willst du unser Feind sein, und wir sollen dir lacheln? Geh! Weislingen. Adelheid! Adelheid. Ich hasse Euch! (Franz kommt.) Franz. Gnadiger Herr! Der Bischof la?t Euch rufen. Adelheid. Geht! Geht! Franz. Er bittet Euch, eilend zu kommen. Adelheid. Geht! Geht! Weislingen. Ich nehme nicht Abschied, ich sehe Euch wieder! (Ab.) Adelheid. Mich wieder? Wir wollen dafur sein. Margarete, wenn er kommt, weis ihn ab. Ich bin krank, habe Kopfweh, ich schlafe - Weis ihn ab. Wenn er noch zu gewinnen ist, so ist's auf diesem Wege. (Ab.) Vorzimmer Weislingen. Franz. Weislingen. Sie will mich nicht sehn? Franz. Es wird Nacht, soll ich die Pferde satteln? Weislingen. Sie will mich nicht sehn? Franz. Wann befehlen Ihro Gnaden die Pferde? Weislingen. Es ist zu spat! Wir bleiben hier. Franz. Gott sei Dank! (Ab.) Weislingen. Du bleibst! Sei auf, deiner Hut, die Versuchung ist gro?. Mein Pferd scheute, wie ich zum Schlo?tor herein wollte, mein guter Geist stellte sich ihm entgegen, er kannte die Gefahren, die mein hier warteten. - Doch ist's nicht recht, die vielen Geschafte, die ich dem Bischof unvollendet liegen lie?, nicht wenigstens so zu ordnen, da? ein Nachfolger da anfangen kann, wo ich's gelassen habe. Das kann ich doch alles tun, unbeschadet Berlichingen und unserer Verbindung. Denn halten sollen sie mich hier nicht. - Ware doch besser gewesen, wenn ich nicht gekommen ware. Aber ich will fort - morgen oder ubermorgen. (Geht ab.) Im Spessart Gotz. Selbitz. Georg. Selbitz. Ihr seht, es ist gegangen, wie ich gesagt habe. Gotz. Nein! Nein! Nein! Georg. Glaubt, ich berichte Euch mit der Wahrheit. Ich tat, wie Ihr befahlt, nahm den Kittel des Bambergischen und sein Zeichen, und damit ich doch mein Essen und Trinken verdiente, geleitete ich Reineckische Bauern hinauf nach Bamberg. Selbitz. In der Verkappung? Das hatte dir ubel geraten konnen. Georg. So denk ich auch hintendrein. Ein Reitersmann, der das voraus denkt, wird keine weiten Sprunge machen. Ich kam nach Bamberg, und gleich im Wirtshaus horte ich erzahlen: Weislingen und der Bischof seien ausgesohnt, und man redte viel von einer Heirat mit der Witwe des von Walldorf. Gotz. Gesprache. Georg. Ich sah ihn, wie er sie zur Tafel fuhrte. Sie ist schon, bei meinem Eid, sie ist schon. Wir buckten uns alle, sie dankte uns allen, er nickte mit dem Kopf, sah sehr vergnugt, sie gingen vorbei, und das Volk murmelte: >Ein schones Paar!< Gotz. Das kann sein. Georg. Hort weiter. Da er des andern Tags in die Messe ging, pa?t ich meine Zeit ab. Er war allein mit einem Knaben. Ich stund unten an der Treppe und sagte leise zu ihm: >Ein paar Worte von Euerm Berlichingen.< Er ward besturzt; ich sahe das Gestandnis seines Lasters in seinem Gesicht, er hatte kaum das Herz, mich anzusehen, mich, einen schlechten Reitersjungen. Selbitz. Das macht, sein Gewissen war schlechter als dein Stand. Georg. >Du bist Bambergisch?< sagt' er. - >Ich bring einen Gru? vom Ritter Berlichingen<, sagt ich, >und soll fragen -< - >Komm morgen fruh<, sagt' er, >an mein Zimmer, wir wollen weiterreden.< Gotz. Kamst du? Georg. Wohl kam ich, und mu?t im Vorsaal stehn, lang, lang. Und die seidnen Buben beguckten mich von vorn und hinten. Ich dachte, guckt ihr - Endlich fuhrte man mich hinein, er schien bose, mir war's einerlei. Ich trat zu ihm und legte meine Kommission ab. Er tat feindlich bose, wie einer, der kein Herz hat und 's nit will merken lassen. Er verwunderte sich, da? Ihr ihn durch einen Reitersjungen zur Rede setzen lie?t. Das verdro? mich. Ich sagte, es gabe nur zweierlei Leut, brave und Schurken, und ich diente Gotzen von Berlichingen. Nun fing er an, schwatzte allerlei verkehrtes Zeug, das darauf hinausging: Ihr hattet ihn ubereilt, er sei Euch keine Pflicht schuldig und wolle nichts mit Euch zu tun haben. Gotz. Hast du das aus seinem Munde? Georg. Das und noch mehr - Er drohte mir - Gotz. Es ist genug! Der ware nun auch verloren! Treu und Glaube, du hast mich wieder betrogen. Arme Marie! Wie werd ich dir's beibringen! Selbitz. Ich wollte lieber mein ander Bein dazu verlieren, als so ein Hundsfott sein. (Ab.) Bamberg Adelheid. Weislingen. Adelheid. Die Zeit fangt mir an unertraglich lang zu werden; reden mag ich nicht, und ich schame mich, mit Euch zu spielen. Langeweile, du bist arger als ein kaltes Fieber. Weislingen. Seid Ihr mich schon mude? Adelheid. Euch nicht sowohl als Euern Umgang. Ich wollte, Ihr wart, wo Ihr hinwolltet, und wir hatten Euch nicht gehalten. Weislingen. Das ist Weibergunst! Erst brutet sie, mit Mutterwarme, unsere liebsten Hoffnungen an; dann, gleich einer unbestandigen Henne, verla?t sie das Nest und ubergibt ihre schon keimende Nachkommenschaft dem Tode und der Verwesung. Adelheid. Scheltet die Weiber! Der unbesonnene Spieler zerbei?t und zerstampft die Karten, die ihn unschuldigerweise verlieren machten. Aber la?t mich Euch was von Mannsleuten erzahlen. Was seid denn ihr, um von Wankelmut zu sprechen? Ihr, die ihr selten seid, was ihr sein wollt, niemals,